Sonderausstellung
Hommage an Anita Neugebauer


ANITA’S Point of View

Anita Neugebauer (1916-2012) gründete 1976 die erste Fotogalerie der Schweiz und setzte sich die Vermittlung von internationaler und nationaler Fotografie zum Ziel. Mit ihrer Galerie-, Ausstellungs- und Sammeltätigkeit wurde sie zu einer wichtigen Wegbereiterin für die weitere Entwicklung der Fotografie in der Schweiz. In der diesjährigen Ausgabe widmet die photo basel mit der Ausstellung ANITA’S Point of View eine Hommage der Person, die so viel für die Schweizer Fotografie getan hat.

Die Leidenschaft für Fotografie zeigte sich bei Anita Neugebauer, die 1916 in Berlin geboren wurde, bereits nach dem Schulabschluss. Sie besuchte eine Fotoschule und erlernte die Fotografie von der Pike auf. Unter der Bedrohung von Hitlers Antisemitismus wanderte sie mit ihrer Mutter 1938 nach Buenos Aires aus und zog 1947 mit ihrem Ehemann, dem Mediziner Josef Neugebauer, nach Basel. Es folgten einige Jahre in denen sich Anita Neugebauer dem Familienleben widmete, bevor sie sich wieder intensiv der Fotografie zuwandte. Ein Wiedereinstieg in den fotografischen Beruf kam für sie nicht mehr in Frage, da sie ihrer eigenen Ansicht nach mit den neuen Technologien nicht mehr vertraut war. Da sie trotzdem stets grosses Interesse an der Fotografie und dem Kontakt mit Fotografierenden hegte, entschied sie sich einen anderen Weg einzuschlagen.

Der Gedanke eine Fotogalerie in der Schweiz zu eröffnen war in den 1970er Jahren kein naheliegendes Unterfangen. Galerien schenkten der Fotografie wenig Beachtung. Dass diese allerdings auch im Galerienkontext ausgestellt und verkauft werden kann, zeigte Neugebauer 1976 mit der Gründung der Fotogalerie photo art basel. Walter Binder, der 1971 gemeinsam mit Rosellina Burri-Bischof die Stiftung für die Photographie in Zürich initiierte, beschrieb die Eröffnung von Neugebauers Fotogalerie als „eine Pioniertat weit über Basel hinaus.“ Anita Neugebauer war sich ihrer Pionierrolle und den damit zusammenhängenden Vorurteilen bewusst und schien insbesondere deshalb einen Reiz an der Vermittlung zu finden. Sie wollte der Öffentlichkeit zeigen „was das ist – Fotografie“.

Ihre Weggefährten bezeichneten Anita Neugebauer als wahre Gastgeberin, die im Herzen Basels an der Adresse St. Alban-Vorstadt 10 einen 35 Quadratmeter kleinen White Cube mit Ausstellungen bespielte. Sie war sich der Macht des Bildes und ihrer heiklen Position, den schmalen Grat zwischen Ästhetik, Dokumentation und Kunst zu finden, bewusst. Obwohl sie selbst dem Holocaust entkommen war, stellte sie nie Werke aus, die nach Aufmerksamkeit schrien – sie lehnte es ab die Betrachtenden durch Voyeurismus zu schockieren. Neugebauer verstand es gut internationale Fotograf:innen mit nationalen sowie lokalen zu vermischen. Sie brachte angesehene Fotograf:innen aus aller Welt nach Basel – meist zum ersten Mal – und bot gleichzeitig bekannten und unbekannten Schweizer Fotograf:innen die Möglichkeit auszustellen. Während ihrer 30-jährigen Tätigkeit kuratierte Anita Neugebauer mehr als 100 Ausstellungen mit Fotografien von Édouard Boubat, Robert Doisneau, Lee Friedlander, Monique Jacot, Hugo Jaeggi, René Mächler, Ruth Mayerson Gilbert, Floris Neusüss, Jan Saudek und vielen weiteren. Bei dieser Auflistung darf auch Gisèle Freund nicht fehlen, mit der Neugebauer eine jahrelange, enge Freundschaft führte. Neben der regen Ausstellungs- und Vermittlungstätigkeit nahm die Galerie photo art basel als eine der ersten Fotogalerie an der Art Basel teil.

In Zusammenarbeit mit Claudia Neugebauer und der Fabian & Claude Walter Galerie bemühten wir uns, in der von Alessa Widmer kuratierten Ausstellung einen intimen Einblick in die Welt von Anita Neugebauer zu geben. Ziel dieser Hommage ist es nicht, Fotografien zu einem bestimmten Thema oder einer ausgewählten Zeitspanne zu zeigen, sondern vielmehr Anita Neugebauers Sicht auf die Fotografie sowie ihre Freude und Leidenschaft gegenüber dem Medium zu vermitteln und dadurch Anita's Point of View zu präsentieren.